Internet für alle - Danke Aktion Mensch!

Internet für alle - Danke Aktion Mensch!

Mit seinen zehn auf zehn Zentimetern ist das graue Kästchen, das im Haus Flügge neben Tomaten und Zwiebeln auf dem Küchentresen liegt, recht klein, doch für Mandy etwas ganz Großes. Es hört auf dem Namen „Alexa“, könnte aber genauso „Siri“ oder „Magenta“ heißen. Mandy steht mitten in der Küche der Wohngemeinschaft am Oberen Quellweg. Und Mandy hat Lust auf Musik. Leicht vornübergebeugt knetet sie ihre Hände. Jetzt kommt ihr großer Moment. Die junge Frau könnte weder einen CD-Spieler einschalten noch Tastaturen bedienen. Aber sprechen kann sie: „Alexa spiel‘ Mark Forster!“. Und Alexa spielt. Mandy wippt glücklich im Takt. „Alexa, lauter!“. Es dauert nicht lange da singt nicht nur Mark bzw. Alexa, sondern auch Sheanna, Isabell, Alina und Holger.

Für die Jugendlichen ist es ein absoluter Gewinn, dass sie jetzt Internet im Haus haben. „Internet für alle“ hieß das Projekt bei Regens Wagner Dillingen, das die Aktion Mensch mit einer stattlichen Summe gefördert hat. 19 Wohngemeinschaften in der Kreisstadt und ihren Stadtteilen wurden an das Netz angeschlossen, mehrere hundert Meter Kabel durch Häuser und Höfe, über Stockwerke und Treppenhäuser gezogen. Ein halbes Jahr lang hat der technische Dienst in bester Zusammenarbeit mit der IT-Abteilung Großartiges geleistet. Und: „Wann geht es denn endlich?“, hat Hausmeister Michael Oberdorfer bei jedem Einsatz in den Gruppen zu hören bekommen.

Bis dahin war es an der Tagesordnung, eben nicht gemütlich im Zimmer mit Freunden und Familie zu chatten, sondern die Hotspots der Stadt zu nützen und an Tankstellen oder öffentlichen Plätzen mit den Lieben zu korrespondieren. „Das ist schon genial“, meint Laura, die nicht nur WhatsApp, sondern einen Großteil der Social-Media-Kanäle zu nutzen weiß. Wie viele der jungen Erwachsenen im Haus Flügge. YouTube-Videos schauen, Musik streamen, die neusten Insta-Posts durchklicken: Sie könnten jetzt so viel mehr zuhause machen.
Manchmal sogar zu viel, meint Gruppenleiterin Monika Langenmair. Natürlich sei das Internet im Haus ein Segen für alle. Trotzdem müsse man - wie in einer Familie - aufpassen, dass die Handynutzung nicht überhand gewinnt. So gibt es für etliche der jungen Frauen und Männer sogenannte „Handyzeiten“: eine Stunde nach der Arbeit, zwei Stunden nach dem Essen.

Im Haus Flügge ist das neu eingezogene Internet weit mehr als nur Social Media. Lebenspraktisch soll das Netz genutzt werden. Und so googeln sich Technikfans durch Malvorlagen für spritzige Autos und viele der Dekorationen, die im Haus die Wände zieren, stammen von Bastelanleitungen aus dem Internet. Vor allem aber wenn es ums Kochen und Backen geht, werden die Handys gezückt und es wird nach passenden Rezepten gesucht. „Irgendwie motiviert das zusätzlich“, erzählt Langenmair. Auf die Frage „Was kochen wir heute?“, bekommt sie immer häufiger die Antwort: „Schauen wir doch mal im Internet!“.

Und noch etwas hat sich in der Wohngemeinschaft verändert: Es wird mehr Sport gemacht. Workouts und Tanz-Challenges von bekannten Influencerinnen motivieren die Mädels vom Haus Flügge in einem leeren Raum Matten und Handtücher auszubreiten und loszulegen: Handy in die Mitte und einfach nachmachen. Arme schwingen, Kopf drehen, Hüften kreisen und auf die letzten Takte einfach nur hüpfen. Dann lockern und nochmal alles von vorne.

Aber es gibt auch ganz ernsthafte Veränderungen, die das Projekt mit sich gebracht hat. Viele der Bewohner und Bewohnerinnen haben jetzt einen intensiveren Kontakt zu ihren Familien, erzählen Gruppenleiter. Oft werde jeden Tag „mit der Mama“ geschrieben, wenn auch nur ein paar Sätze. Für die Gehörlosen ist es vor allem die Video-Telefonie, die den Alltag schöner macht: einfach mal eben die Schwester anrufen und sehen! Das tut gut, ist sich Tabea Bastian sicher.

Die 27-Jährige begleitet gehörlose Seniorinnen in einer Wohngemeinschaft. Und auch hier ist der Einzug des Internets spürbar. Unter den Bewohnerinnen sind echte Disneyfans, von Glitzer, Prinzessinnen und jeder Menge Romantik können die älteren Damen gar nicht genug bekommen. Jetzt wird der entsprechende Kanal abonniert und gerade in der dunkleren Jahreszeit werden Filmeabende mit der Eisprinzessin oder Cinderella kleine Höhepunkte werden. Die Aktion Mensch hat es wieder einmal geschafft, das Leben vieler Menschen leichter und bunter zu machen. DANKE!     (Sabine Remiger)